Inquisition

Ich habe mich schon zur Genüge zu diesem Thema ausgekotzt, und da ich immer wieder die Gelegenheit dazu haben werde, wenn irgendeine Person aus der politischen Riege dieses Landes mal wieder meint, den Mund öffnen zu müssen, werde ich versuchen, meine Meinung mal in aller Ausführlichkeit niederzuschreiben, damit ich es nicht immer wieder tun muss. Auslöser ist diesmal ein Beitrag aus dem Macinplay-Forum, der wiederum einen Artikel bei T-Online zugrunde legt.

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Angefangen hat Alles im tiefen Mittelalter,, so ungefähr um das 15. bis 17. Jahrhundert in Europa. Da gab es ein paar Menschen, vornehmlich Frauen, die doch in aller Öffentlichkeit zu sagen wagten, dass die Erde Rund sei (oder so ähnlich). Was auch immer, schnell warf man ihnen vor, mit dem Teufel im Bunde zu stehen. Was die Obrigkeit nicht verstand, das gehörte verboten, und um das vermeintliche Übel an der Wurzel zu packen, verbrannte man schnell mal die ungebetenen Damen. Denn die waren alleine, waren in der Minderheit und das schwache Geschlecht und konnten sich nicht wehren. Alle waren glücklich und man konnte seinem normalen Tagesgeschäften nachgehen.
Das man damit seine vermeintlichen Probleme nicht in den Griff bekam, versteht sich von selbst. Aber in diesen Tagen lebten die Menschen nicht so lange, die Inquisitoren starben aus und die nachkommenden Generationen merkten schnell, dass doch nicht alles so schlimm war, denn sie beschäftigten sich mit dem Thema, und allen war bald klar, dass die Erde tatsächlich eine Kugel war.

Wenig später, schon im 20. Jahrhundert, formte sich eine neue Bewegung unter der Obrigkeit, die sich immer noch nicht geändert hatte und immer noch alles Neue als reines Teufelswerk sah. Es war ein fürchterlicher Krach, den die jungen Leute Rock n Roll nannten und der ganz offensichtlich ihre Seelen verdarb. Wieder regten sich die Stimmen, man müsse dies Alles nur zum Schutz der jungen Menschen verbieten, denn verbrennen durfte man sie ja nicht mehr. Aber jeden, der es wagte, sich dem System zu widersetzen und eigenständig zu denken, den durfte man einsperren. Auch hier bleibt anzumerken, dass die Steinschädel dieser Epoche ausgestorben sind und nun Jedermann Musik nach seinem Geschmack hören darf. Ach ja, das mit dem Fernsehen, dass dafür sorgte, dass junge Menschen verdummten, hat sich auch erledigt. die Erde ist immer noch nicht wieder zur Scheibe geworden.

Willkommen im 21. Jahrhundert. Junge Menschen bilden sich freiwillig zu Killermaschinen aus, an Computern und Spielekonsolen. Sie üben das virtuelle Töten in Gestalt von Terroristen und Spezialtruppen, manchmal auch als genetisch manipulierte Kämpfer in futuristischen Arenen. Weil es die Obrigkeit seit den Tagen der Hexenverbrennnung nicht geschafft hat, die Menschen am eigenständigen Denken zu hindern, und ein Teufelsinstrument namens Internet inzwischen die globale Vernetzung gleichgesinnter Wahnsinniger möglich macht, können sie ungehindert ihre Morde erst einüben, um sie dann später in die Tat umzusetzen. In Form sogenannter "Killerspiele" perfektionieren sie ihre Vorgehensweisen bis zur Perfektion. Dabei kann es um jede Art der Anarchie gehen, nicht nur Spiele mit Schiesseisen sind auf dem Markt, auch das Vergehen gegen jede Art der Verkehrsregeln wird eingeübt. Da junge Menschen leicht zu beeinflussen sind, setzen sie ihre Erlebnisse aus Spielen wie "Need for Speed" sofort in die Tat um und brausen mit ihren Autos mit 180 Stundenkilometern durch die Innenstädte. Gemäss den Szenarien aus "GTA" kann es dabei auch schonmal vorkommen, dass sie andere Autos anhalten, den Fahrer erschiessen, um sich so einen fahrbaren Untersatz zu besorgen. Nach einem erfolgreichen Tag wird zur Entspannung das Spiel "Pac Man" nachgestellt; in dunkler Umgebung zu elektronischer Musik werden Pillen eingefahren - man sieht Gespenster.

Nun werden wieder die Stimmen der Obrigkeit laut, die immer noch bedauert, dass man Niemanden mehr verbrennen darf. Inzwischen nutzen auch die ehemals mächtigen Gegner alles Neuem das einst verhasste Medium Fernsehen und bringen unter dem Namen "Frontal 21" eine vermeintliche Wahrheit unters ahnungslose Volk, das alles glaubt, was Ihnen dort vorgesetzt wird. Denn das öffentlich-rechtliche Fernsehen sagt ja immer die Wahrheit. So schnell, dass man es kaum merkt, wird das Thema von der politischen Riege des Landes aufgegriffen, und auch hier ist klar: was man nicht versteht, das muss verboten werden. Immer härtere Regeln soll es geben, denn Spielen ist schlecht; die Menschen sollen lieber richtig Krieg führen. Und wenn man alles verboten hat, was man nicht versteht, ist alles gut. Auch hier aber hat die Obrigkeit nicht verstanden, dass sie rein garnichts verbieten kann; denn die jungen rebellischen Menschen haben ja immer noch das böse Internet, und wenn sie sich Ihre Tötungsszenarien nicht mehr im Laden kaufen können, holen sie es sich hier.
Viele Eltern dieser jungen Menschen verstehen garnicht, was ihre Kinder da überhaupt machen; sie sind nur froh, dass der Nachwuchs beschäftigt ist und Ruhe gibt, denn die Eltern sind erschöpft, denn sie müssen ja die Damen und Herren der Obrigkeit mit Ihren Steuern bezahlen, damit diese sie führen und immer die Wahrheit sagen. Dass die Eltern ihrer Kinder Spiele kontrollieren sollen, will die Obrigkeit nicht, sie möchte lieber verbrennen; das hat zwar in der Vergangenheit noch nie funktioniert, macht aber mehr Spass und bringt mehr Publicity.

Publicity - ein gutes Wort. Immer wieder versucht die Obrigkeit, die Sachen, die sie nicht verstehen, ins Rampenlicht zu zerren. Die jungen Menschen, die eigentlich gar keine ausgebildeten Killer sind und immer noch nicht mit Baseballschlägern durch die Innenstädte ziehen, um sich Autos zu steheln und damit jedwede Verkehrsregel zu brechen, verstehen den ganzen Hype immer noch nicht. Es wird Ihnen wie immer in der Geschichte seit Hexenverbrennung und Inquisition nichts Anderes übrig bleiben, als zu warten. Denn auch diese Generation der Obrigkeit wird aussterben und einer Neuen Platz machen, die dann ein wenig mehr von der Welt um sie herum versteht.

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Liebe Herren Stoiber, Merkel, Fromm usw usw... Wir sind Computerspieler. Wir spielen unsere Spiele nicht im wahren Leben nach. Wir bilden uns nicht zu Killern aus und ganz sicher nicht verkleiden wir uns als Orks, Trolle oder Elfen, um unsere Feinde niederzumetzeln. Sicherlich gibt es in Sachen Jugendschutz noch Einiges zu tun, aber jeder mündige Spieler kann Ihnen versichern, dass Verbote nur das Gegenteil zu dem bewirken, was Sie eigentlich erreichen wollen. Da hilft kein populistischen Dummgerede oder kein Fernsehbeitrag, der all dies verteufelt. Fragen Sie sich lieber, warum jemand wie Robert Steinhäuser eine reale Waffe hatte, nicht, warum oder welche Computerspiele er gespielt hatte. Das Übel bei der Wurzel packen heisst nicht, die Spiele zu verbieten, denn das können Sie nicht. Schaffen Sie Sensibilität bei den Eltern, die ihren Kindern solche Spiele kaufen. Es heisst Jugendschutz, und nicht Jugendverkriminalisierung.

Und vor Allem - befassen Sie sich mit dem Thema, bevor Sie eine Stellungnahme dazu abgeben. Die Menschen in diesem Land haben Sie sie gewählt, weil Sie etwas bewirken sollen, oder zahlen Ihr Gehalt durch Fernsehgebüren. Wenn man manchmal Ihre Beiträge zu diesen Themen hört fragt man sich irgendwann, ob Sie von den anderen Bereichen Ihrer Tätigkeit genausowenig Ahnung haben, und das macht mir Angst.

Artikel bei T-Online
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